Wer hat das noch nicht auf der Straße gehört, wenn zwei Menschen ganz aufgeregt in einer Unterhaltung sind: „ Der soll doch einfach mal sagen, was ihn stört, und dann ist gut!!“
Ja, genau das sagen viele. Aber ist es auch richtig? Möchte wirklich jeder, dass jeder ehrlich sagt was ihn stört? Sind nicht die, die oft ehrlich ihre Meinung sagen, eher die Unbequemen? Und noch eine wichtige Frage: Traut sich denn jeder ehrlich seine Meinung zu sagen? Wenn das alle wollen, warum macht das dann nicht jeder?
Ich habe damit unterschiedliche Erfahrungen gemacht. Während meiner Arbeit ist es natürlich sehr wichtig, auf Dinge hinzuweisen, die dazu beitragen könnten, dass Missverständnisse entstehen, oder ein falsches Selbstbild vorhanden ist. Bisher war da auch noch keiner böse. Gut, die Menschen kommen auch genau deshalb zu mir. Sie fragen danach.
Aber wie ist es zum Beispiel in Freundschaften oder in der Familie? ich glaube dort ist es anders.
Wenn ich dort der Oma sage, dass es mich stört, dass sie 1000 mal fragt ob es mir denn schmeckt, dann könnte das als persönlicher Angriff gewertet werden. Und was dann passiert, das weiß ja jeder. Die Stimmung ist im Zweifelsfall dahin. Und ganz ehrlich, darauf hat niemand Lust.
In Freundschaften ist es ja auch nicht viel anders. Wenn mir zum Beispiel eine Freundin von ihrem Kummer mit ihrem Freund erzählt und ich sie darauf hinweisen möchte, dass es eigentlich an ihr liegt, dass dort so viel falsch läuft, dann ist es unbequem. Das tut weh und auch das könnte als Angriff gewertet werden.
Aus irgendeinem Grund, wünschen sich alle Ehrlichkeit, aber es ist so verdammt schwer diese zu verkraften und auszusprechen. Es gibt also so und so , egal ob man es sagt oder nicht sagt, immer an irgendeiner Stelle Groll.
Ich fahre im Großen und Ganzen immer sehr gut damit, ehrlich meine Meinung zu sagen. Auch auf die Gefahr hin, dass man mir dann sagt, ich wäre unbequem. Damit muss ich dann halt leben. Das ist dann die Meinung der anderen.
Einen Satz bedenke ich immer sehr genau, bevor ich die Kritik äußere.
„ Kritik darf nur äußern, wer es von Herzen gut meint“ – ich weiß nicht mehr wer das gesagt hat, aber es ist eine gute Hilfe.
Wenn meine Kritik dient, andere so zu verändern, wie ich sie haben möchte, dann ist sie eher unangebracht. Wenn meine Kritik dazu dient dem anderen zu helfen, dann kann das durchaus voranbringen. Und so nehmen es auch eher wenig Leute übel.
Ich habe sehr oft das Thema Kritik im Gruppen angesprochen. Fast 100 % der Menschen wünschen sich Kritik. Zu der Frage, wie oft verteile ich Kritik, sah es ganz anders aus. Dort fanden sich etwa 20 % wieder.
Vielleicht dazu ein kleiner Tipp:
Wer sich Kritik wünscht, sollte die anderen danach fragen. Und wer gerne Kritik übt, sollte vielleicht darauf warten, bis er danach gefragt wird.
Das klappt nur dann leider nicht, wenn jemand auf mich böse ist und ich davon nichts weiss. Dann kann ich danach nicht fragen. Aber meistens merkt man ja, wenn jemand böse ist und könnte dann danach fragen.
Wie so oft, Kommunikation ist alles! Und wenn man es einfach gut meint, ist auch schon viel gewonnen. Jeder weiss, dass Kritik wichtig ist, um voranzukommen aber wir wissen auch alle, dass es keinen Spaß macht, auf seine Schwächen hingewiesen zu werden. Also haben Sie ein bisschen Nachsicht, wenn jemand auch mal sauer ist, wenn er kritisiert wird.
Dann sollte es auch mit der Teamfähigkeit klappen. ?
Danke fürs Lesen und angeregte Diskussionen!
Sabine Pinisch
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